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Machbarkeit – Finanzierbarkeit – Ethik; dieser Themenbereich wurde anlässlich der Luzerner Trendtage Gesundheit vom 22./23 .Februar 05 von Vertretern aus Politik, Gesundheitswesen und der Wirtschaft analysiert. Welche Erwartungen können zukünftig noch erfüllt werden, wo die immer knapper werdenden Finanzmittel einsetzen und wie definieren wir den Begriff «Ethik»?


Andy Stuckert


Ethik; quo vadis?


Was sollen wir unter Ethik in Zukunft verstehen, sprechen Politiker, Wirtschaftsbosse, Mediziner und das so genannte «Volk» noch die gleiche Sprache? Vista sucht Antworten und befragt dazu Frau Dr. theol. Ruth Baumann-Hölzle, Leiterin des Instituts für Ethik im Gesundheitswesen «Dialog Ethik» sowie Dr. med Guy Morin, Regierungrat, Vorsteher des Justizdepartements Basel-Stadt.


In der heutigen Zeit werden Menschen häufig mit Begriffen aus der Wirtschaft definiert, effizient, innovativ, kostendeckend und möglichst gewinnorientiert. Menschen, welche durch Alter, Krankheit oder anderen Gründen diesen nicht nachkommen können, werden schnell mit dem Verursacherprinzip in Verbindung gebracht, wie definieren Sie heute in diesem Zusammenhang den Begriff Ethik?


R. Baumann: Grundsätzlich sind Ethik und Moral voneinander zu unterscheiden. Während die Moral den individuellen Lebensentwurf eines Menschen zum Ausdruck bringt, ist Ethik die wissenschaftliche Reflexion über die verschiedenen moralischen Vorstellungen im Rahmen einer pluralistischen Gesellschaft. Alle Menschen haben Anspruch auf Menschenwürde, Autonomie und Menschenrechte, unabhängig von ihren Eigenschaften und Fähigkeiten, also nicht nur die Starken. Mit diesen Ansprüchen und Rechten gehen aber auch Verantwortlichkeiten gegenüber anderen Menschen und der Umwelt ein her.


G. Morin: Es gilt die goldene Regel, welche in auch fast allen Religionen der Welt zum Ausdruck kommt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, das heisst, der Massstab an Verantwortung und Mitgefühl soll derselbe sein, welcher wir auch für uns selbst anlegen. Ich erachte dies als eine grundlegende Voraussetzung der Ethik.


Laut Meinung einiger Politiker müssen wir in Zukunft bis weit über 65 Jahre einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die durch Arbeit verursachten Krankheiten nehmen jedoch zu, wie lange müssen wir zu 100% einsatzfähig sein und was darf das kosten?


R. Baumann: Grundsätzlich ist zwischen den Generationen und Geschlechtern eine faire Verteilung der Leistungen und Mittel anzustreben. Bei den Pflichten geht es weniger um ein Feilschen um Jahre, sondern ob jemand gesund und in der Lage ist, bestimmte Aufgaben zu übernehmen. Wir sind heute schon aufgerufen, neue Formen von gesellschaftlichen Solidaritätsdiensten auf zu bauen, um dem steigenden Pflegebedarf in Zukunft gerecht werden zu können.

G. Morin: Ich hoffe sehr, dass wir ein Modell einer flexiblen AHV finden, welches individuell auf den jeweiligen Arbeitnehmer eingehen kann. Ab einem noch zu definierenden Mindestrentenalter soll jeder sein Rentenbeginn selbst bestimmen können. Wer zugunsten seiner persönlichen Lebensqualität eine Minderung der Rente und somit eine frühere Pensionierung plant, soll ebenso frei entscheiden können wie jene, welche noch länger arbeiten möchten. Der Staat sollte in dieser Entscheidung keinen Zwang ausüben.


Wie hoch schätzen Sie, global betrachtet, den Wert eines Menschen in der Schweiz ein und wie viel soll für diesen Werterhalt bezahlt werden?


R. Baumann: Der Wert eines Menschen lässt sich nicht beziffern, denn um mit dem Philosophen I.Kant zu sprechen; der Mensch hat eine Würde und keinen Preis!


G. Morin: Der Wert jedes einzelnen Menschen ist unendlich, alles andere ist moralisch und politisch nicht tragbar.


Laut Prognosen werden die heute 20jährigen in 30 bis 35 Jahren mit erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen rechnen müssen. Gleichzeitig wird errechnet, dass mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt über 65 Jahre alt sein wird, wie beurteilen Sie dieses Szenario?


R. Baumann: Wie bereits erwähnt, wir müssen ein gut funktionierendes System einer fairen Verteilung finden. Auch im Rahmen der Finanzierung der Mittel müssen wir uns als Gesellschaft überlegen, welchen medizinischen Fortschritt wir anstreben wollen. Eine weitere Verlängerung der Lebensspanne wird zunehmend fragwürdig.


G. Morin: Hier wird ein Generationenkonflikt heraufbeschworen, dies ist gefährlich. Wir müssen als Gesellschaft für alle Generationen die bestmöglichsten Voraussetzungen schaffen, die Politik ist für die entsprechenden Rahmenbedingungen verantwortlich. Es gilt, positive Perspektiven zu entwickeln, welche es ermöglichen, Familien zu gründen, um damit diesem negativen Szenario die Grundlage zu entziehen.


Werden wir uns zu Beginn des 21.Jahrhunderts mit einer gesellschaftlichen Beschränkung der Lebenszeit befassen müssen, kehren wir zu den Völkern zurück, welche ihre unnützen Stammesmitglieder in den reissenden Fluss getrieben haben?


R. Baumann: Wenn wir nicht auf der Hut sind, werden wir schneller wieder an diesem Punkt sein, als wir denken. Der Würde und Autonomieanspruch von schwachen Menschen ist derzeit bereits in Gefahr. Die Tatsache, dass die Würde dementer Menschen bereits wieder in offiziellen Papieren zur Debatte gestellt wird, wie in den Richtlinien für die Altersheime der Stadt Zürich, ist beunruhigend.


G. Morin: Auch junge Menschen werden einmal alt. Wer in jungen Jahren Ansprüche an sein Leben als 85-Jähriger erheben will, muss bereit sein, dasselbe an die heutigen Betagten zu geben. Wir müssen leider feststellen, dass auch ältere Menschen aus wirtschaftlichen Gründen Suizid begehen, hier ist die Gesellschaft verpflichtet zu helfen.


Wie schätzen Sie ihren persönlichen Lebensabend ein und mit welcher Überzeugung blicken Sie auf diesen Lebensabschnitt?


R. Baumann: Ich kann zum Glück nicht in die Zukunft blicken, ich kann nur von der Statistik her Schlüsse ziehen. Persönlich erlebe ich mich als privilegiert, indem ich beste Voraussetzungen für einen erfreulichen Lebensabend habe, wie gute Bildung und harmonisches Lebensumfeld. Möglichkeiten, die statistisch gesehen auf ein gutes Älterwerden schliessen lassen. Nur eben, unser eigenes Leben kann jeder Statistik widersprechen. Ich empfinde mein Leben als eine Gabe, aus der viele Aufgaben erwachsen. Und so werde ich mich weiterhin dafür einsetzen, dass auch andere Menschen getrost ihrem Lebensabend entgegenblicken können.


G. Morin: Ich würde gerne als «Weiser» meine Lebenserfahrungen weitertragen an meine Kinder und Enkelkinder. Muse, Musik und, falls ich geistig noch fit bin, viel Nachdenken und Anregen. Wirtschaftlich werde ich wohl keine Not haben, mich aber, wie bisher weiter hin für die Benachteiligten einsetzen.






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